Was wird aus dem E-Postbrief?

Die Post und das Internet – zwei Beobachtungen:
Nach Schätzungen haben sich inzwischen weit über eine Million Bundesbürger für den E-Postbrief der Deutsche Post AG, der seit nunmehr über einem halben Jahr zur Verfügung steht, registriert.  Die aktive Nutzung dürfte bisher jedoch nur bei einem Zehntel liegen.
Die Internetseite von Deutsche Post DHL wurde kürzlich im Rahmen einer Studie der schwedischen Consulting-Agentur Hallvarsson & Halvarsson (H&H) als zweitbeste im Europavergleich und als beste deutsche Unternehmenspräsenz ausgezeichnet (KWD Webranking). Leider können eigene Erfahrungen mit deutschepost.de dies überhaupt nicht untermauern.

Letzteres ließe sich vielleicht dadurch erklären, dass es sich bei der Selbstdarstellung von börsennotierten Unternehmen im Internet schlicht um auf die Finanzmärkte zielende Informationssysteme handelt. Deren Produkte und Services, die Ansprache bestehender und potentieller Kunden sowie Usability und informativer Mehrwert stehen auf einem ganz anderen Blatt. Womit ich beim Ausgangspunkt dieser Überlegungen wäre: Die im letzten Jahr aufwändig präsentierte „Technikinnovation“ des weltgrößten Logistikkonzerns mit Sitz in Bonn, der E-Postbrief, scheint nicht so recht von Erfolg gekrönt zu sein. Warum?

Schlechte Noten durch die Stiftung Warentest, ein Hacker-Wettbewerb, dessen Ergebnisse unter der Decke gehalten werden (zumindest inhaltlich), anfangs ins Abseits geraten im Rahmen der DE-Mail-Debatte (hierzu entscheidet der Bundestag morgen) – und vor allem der vom ersten Tag an den Dienst begleitende Vorwurf einer nicht integrierbaren „Insellösung“ machten die Schritte der guten alten Post in das gar nicht mehr so neue Zeitalter der digitalen Kommunikation schwer.

Technisch ist das bisher geleistete kein Hexenwerk, alle anderen E-Mail-Provider sind dazu ebenfalls in der Lage. Nur haben sie (Deutsche Telekom, United Internet u.a.) bisher abgewartet, was das DE-Mail-Gesetz festschreiben wird. Da sich aber eine Verwässerung der ursprünglich geforderten Sicherheitsstandards (Ende-zu-Ende-Verschlüsselung) abzeichnet sowie eine durchgehende Domainkennung „de-mail“ nicht kommen wird, ist die Post plötzlich wieder im Aufwind. Obwohl so „plötzlich“ diese Situation natürlich nicht eingetreten ist, sondern eher ein Ergebnis erfolgreicher Lobbyarbeit darstellt. Nicht ohne Grund wird auf der Cebit das neue Tool E-Poststelle vorgestellt, das sich geziehlt an Behörden und Verwaltungen wenden wird.

Und nicht umsonst kommuniziert das Bonner Unternehmen in diesen Tagen auf allen Kanälen, dass „der Leistungsumfang des E-Postbriefs weit über den zukünftigen De-Mail-Standard hinausgeht“. In diesem Sinne nähme der Dienst tatsächlich eine nachhaltige Entwicklung – zumindest ökonomisch gesehen. Schließlich erwartet nicht nur der mit der Thematik befasste CDU-Politiker Clemens Binninger „mehrere Milliarden“ so genannte sichere E-Mails pro Jahr.
Wird dann was aus dem E-Postbrief?

UPDATE (25.02.2011): Bundestag verabschiedet De-Mail-Gesetz



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